Trotz geringer Auslastung: Bahnfahrten und Flüge sind teurer geworden

Berlin, 22. Juli 2020. Der „Ballermann“ ist wieder geschlossen, Inseln wie Sizilien, Kreta oder Zypern kehren nur langsam zurück zur Normalität, in die USA darf noch immer kein Europäer einreisen und mit Ägypten und der Türkei gelten zwei der beliebtesten Urlaubsländer noch bis mindestens Ende August als Risikogebiet. Keine Frage: Wer im „Corona-Sommer“ 2020 Urlaub machen möchte, hat wenig Grund zur Freude. Hinzu kommt, dass auch Reisen innerhalb Deutschlands teurer geworden sind. Wer zum Normalpreis mit der Bahn fährt, zahlt nun 1,83 Prozent mehr als noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Flugpreise sind sogar um 7,54 Prozent gestiegen. Das zeigt eine Stichprobe des Verbraucherforums „mydealz.de“.

 

Nur 13,4 Prozent der Deutschen planen, in den nächsten drei Monaten beruflich oder privat zu fliegen. Mehr als 60 Prozent hingegen haben Angst, sich an Bord zu infizieren. Die Umfrage, die das Marktforschungsunternehmen Civey Mitte Juni im Auftrag des „Spiegel“ durchführte, könnte kaum klarer ausfallen: Viele Verbraucher verzichten aktuell lieber aufs Fliegen und auch aufs Bahnfahren. Tourismusunternehmen spüren dies direkt: Frankfurt als größter deutsche Flughafen verzeichnete im April und Mai nur jeweils rund 4 Prozent und selbst im Juni nur 9 Prozent der sonst üblichen Passagiere, wie die „Tagesschau“ auf ihrer Internetseite berichtet. Der Flughafen Düsseldorf zählte – laut „WDR“ – auch im Juli trotz Ferienzeit nur ein Viertel der sonst üblichen Passagiere. Und selbst die Züge der Bahn sind – der „dpa“ zufolge – noch immer nur zu rund 30 Prozent ausgelastet.

 

Bahnfahren ist nun 1,8 Prozent, Fliegen sogar 7,5 Prozent teurer

 

Die Annahme, dass eine schwächelnde Nachfrage zu sinkenden Preisen führt, gilt kaum für Reisen mit der Bahn oder dem Flugzeug. Auch wenn die Deutsche Bahn und die meisten Fluggesellschaften noch auf die Rückkehr ihrer Kunden hoffen, haben sie ihre Preise nicht gesenkt. Im Gegenteil: Bahnfahren ist nun 1,83 Prozent (Flexpreis) beziehungsweise 7,19 Prozent (Sparpreis) teurer als noch im Januar und Februar. Und wer fliegt, zahlt jetzt sogar 7,54 Prozent mehr als noch vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Das zeigt ein Vergleich zweier Stichproben, die das Verbraucherforum mydealz Mitte Januar und jetzt Mitte Juli für 458 Verbindungen zwischen zwanzig deutschen Städten durchgeführt hat.

Gestiegen sind vor allem die Preise für Reisen am Wochenende. Der Durchschnittspreis für Hin- und Rückflug zwischen den zwanzig für die Stichprobe ausgewählten Städten betrug im Februar noch 237,53 Euro. Wer nun mit sechs Wochen Vorlauf bucht, muss im Schnitt 270,43 Euro ausgeben, also 13,85 Prozent mehr. Bahnfahrten sind mit durchschnittlich 183,86 Euro im Flexpreis-Tarif nun 3,02 Prozent teurer. Mit Zugbindung kosten Fahrkarten im August 86,24 Euro statt 82,06 Euro, also 5,09 Prozent mehr als noch im Februar.

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Mit einer einzigen Ausnahme sind die Preise für Reisen an Werktagen weniger stark gestiegen. Einzig die Sparpreis der Bahn haben sich im Vergleich zum Januar deutlich verteuert. Wer Mitte Januar mit zwei Wochen Vorlauf Hin- und Rückfahrt zum Sparpreis gebucht hat, hat im Schnitt 65,13 Euro gezahlt. 9,83 Prozent mehr, nämlich 71,53 Euro, müssen Bahnreisende ausgeben, wenn sie ihre Sparpreis-Tickets nun mit zwei Wochen Vorlauf kaufen. Die Flexpreise sind nahezu konstant geblieben und zeitgleich nur um 0,47 Prozent auf durchschnittlich 170,83 Euro gestiegen. Die Flugpreise sind um 3,03 Prozent auf 342,73 Euro gestiegen.

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Bahnfahren deutlich preiswerter als Fliegen

Auch wenn ihre Züge aktuell nur zu knapp einem Drittel ausgelastet sind, dürfte die Bahn in der Achtung vieler Reisender gestiegen sein. Die Bahn ist nicht nur pünktlicher geworden: 83,5 Prozent der Fernzüge kamen dieses Jahr bislang pünktlich an – so hoch war der Anteil pünktlicher Züge zuletzt im Jahr 2008. Die Bahn hat ihr Angebot auch selbst während des Lockdowns im März und April weitestgehend aufrechterhalten. Und auch preislich schneidet die Bahn besser ab als Fluggesellschaften: Der Stichprobe zufolge, sind Reisende im Juli und August mit dem Zug auf 418 der 458 analysierten Verbindungen (91,3 Prozent) preiswerter unterwegs als mit dem Flugzeug.

 

Ihren Preisvorteil verdankt die Bahn vor allem der guten Verfügbarkeit von Sparpreisen. Mit zwei Wochen Vorlauf konnten die Tester von mydealz Tickets für 201 von 211 Bahnfahrten an Werktagen (97,2 Prozent) zum Sparpreis kaufen. Mit sechs Wochen Vorlauf konnten sie sogar für alle 247 Bahnfahrten am Wochenende Tickets zum Sparpreis kaufen. 

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Einen durchschnittlichen Sparpreis von 78,89 Euro mussten Reisende zahlen, um die 458 bei der Stichprobe berücksichtigten Verbindungen mit der Bahn zurückzulegen. Bahntickets zum Flexpreis waren mit 177,35 Euro 124,8 Prozent teurer und für Flüge mussten Reisende mit 306,58 Euro sogar durchschnittlich 188,6 Prozent mehr ausgeben.

 

Werktags fiel der Preisvorteil von Sparpreis-Tickets besonders groß aus. Hin- und Rückfahrt mit der Bahn kosteten bei der Stichprobe im Sparpreis-Tarif 71,53 Euro. Im Flexpreis-Tarif wurden 170,83 Euro fällig, also 138,82 Prozent mehr. Die Preise für Hin- und Rückflug fielen mit 271,20 Euro fast viermal so hoch aus. Für Bahnfahrten am Wochenende hingegen mussten die Tester von mydealz einen durchschnittlichen Sparpreis von 86,24 Euro zahlen. Der durchschnittliche Flexpreis betrug 183,36 Euro, also 113,2 Prozent mehr.  Für den Hinflug am Freitag und Rückflug am Sonntag berechnete die jeweils günstigste Fluggesellschaft im Mittel 270,43 Euro, also 113,58 Prozent mehr.

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Die Bahn ist aktuell das schnellere Verkehrsmittel

 

Das oft geäußerte Argument, Bahnreisen dauerten deutlich länger als Flüge, stellte sich bei der Stichprobe als Trugschluss heraus. Auf den 458 analysierten Verbindungen wären Reisende mit dem Flugzeug im Schnitt 7,89 Stunden, mit der Bahn hingegen nur 4,14 Stunden unterwegs gewesen. Und auch, was die Anzahl der Umstiege angeht, schnitt die Bahn im direkten Vergleich mit dem Flugzeug passabel ab: Um auf den 458 innerdeutschen Verbindungen von A nach B zu kommen, hätten Reisende mit der Bahn 0,75 Mal und mit dem Flugzeug 0,91 Mal umsteigen müssen.

 

Komplett ohne Umstieg konnten Bahnreisende auf 168 der 458 analysierten Verbindungen (36,7 Prozent) ihr Ziel erreichen, Flugreisende hingegen nur auf 99 der 458 analysierten Verbindungen (21,6 Prozent). Zweimal oder noch öfter umsteigen, mussten Bahnreisende auf 54 der Verbindungen (11,8 Prozent) und Flugreisende auf 53 der 458 analysierten Verbindungen (11,6 Prozent).

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Ausgedünnter Flugplan sorgt für Sondereffekte

 

Ob die Bahn auch zeitlich dauerhaft mit dem Flugzeug konkurrieren kann, zeigt sich allerdings erst dann, wenn sich der Flugverkehr wieder normalisiert hat. Wie ausgedünnt und fragil der Flugplan vieler Airlines momentan ist, wird am Beispiel von Friedrichshafen deutlich. Am 1. Juli landete die erste Maschine der Lufthansa wieder in Friedrichshafen, am 11. Juli gab Lufthansa bekannt, den Verkehr wiedereinzustellen und die Bodenseestadt frühestens im September erneut anzufliegen. Die schwache Auslastung der Maschinen war der Grund für diese Entscheidung. Während die Flugzeuge vor dem Corona-Lockdown meist zu über 70 Prozent gefüllt gewesen seien, habe die Auslastung Anfang Juli nur zwischen 20 und 45 Prozent betragen. Das berichtete unter anderem der „SWR“.

 

Dass Friedrichshafen kein Sonderfall ist, macht ein Blick auf die Zahl der Flugreisen deutlich, die länger als zehn Stunden dauern. Um innerdeutsch von A nach B zu fliegen, benötigten Reisende noch im Januar und Februar nur auf 59 der 458 analysierten Verbindungen (12,88 Prozent) mehr als zehn Stunden. Im Juli und August aber sind Reisende auf gut jeder dritten Verbindung (168 Verbindungen, 36,68 Prozent) mehr als zehn Stunden unterwegs. Bei vielen Airlines nämlich sind die Flugpläne noch stark ausgedünnt. 

 

Besonders am Wochenende müssen sich Flugreisende so in Geduld üben. Hier dauerten Flüge auf 92 der 247 Verbindungen (37,24 Prozent) länger als zehn Stunden. Ein Extrembeispiel ist die Verbindung Nürnberg-Friedrichshafen. Der günstigste Preis betrug bei der Stichprobe 272 Euro ohne Gepäck. Pro Strecke sind Flugreisende hier im Schnitt 23 Stunden und 27 Minuten unterwegs. Auf dem Hinflug müssen sie in Palma de Mallorca umsteigen, der Rückflug beinhalt Zwischenstopps in Skopje, Budapest und Barcelona.

 

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Im Text erwähnte Quellen:

 

Spiegel, „Angst vor Corona: Nur wenige Deutsche wollen in den kommenden Monaten fliegen“: https://www.spiegel.de/wirtschaft/umfrage-zu-flugreisen-nur-wenige-deutsche-wollen-in-den-kommenden-monaten-fliegen-a-a4e709df-4265-467b-85f2-4c87504de9fc

 

dpa/Zeit Online, „Geringe Auslastung: Deutsche Bahn in Corona-Zeiten so pünktlich wie lange nicht“: https://www.zeit.de/news/2020-07/13/deutsche-bahn-in-corona-zeiten-so-puenktlich-wie-lange-nicht

 

Tagesschau, „Krise in der Luftfahrtbranche. Fraport ringt weiter mit Corona-Folgen“:  https://www.tagesschau.de/wirtschaft/boerse/fraport-corona-101.html

 

WDR, „Mehr Flüge am Düsseldorfer Flughafen“: www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/duesseldorf-flughafen-ferien-halbzeitbilanz-100.html  

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Deutsche Bahn in der Krise so pünktlich wie lange nicht“:  https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/deutsche-bahn-in-corona-krise-so-puenktlich-wie-lange-nicht-16857211.html

 

SWR, „Lufthansa setzt Frankfurt-Flüge vom Bodensee-Airport aus“: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/friedrichshafen/meldung-48656.html

 

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Datenblatt zur Studie

Eine Zusammenfassung sowie alle Rohdaten zur Studie finden Sie hier: https://mdz.me/reisepreise

 

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Hinweis zur Methodik: 

Die oben dargestellten Ergebnisse sind das Resultat einer Studie, die das Verbraucherforum mydealz im Zeitraum vom 13. bis zum 15. Juli 2020 durchgeführt hat. Für 458 innerdeutsche Verbindungen hat mydealz die Flex- und Sparpreise für Bahnfahrkarten (2. Klasse, ohne Reservierung) und die Preise für Flüge ermittelt, die werktags mit zwei Wochen Vorlauf in der Zeit vom 28. Juli (Hinreise) bis zum 30. Juli (Rückfahrt) und am Wochenende mit sechs Wochen Vorlauf in der Zeit vom 28. bis zum 30. August stattfinden. Verglichen wurden die Preise mit den Preisen, die mydealz bei einer früheren, gleich strukturierten Stichprobe für die Zeit vom 28. bis zum 30. Januar 2020 und vom 28. Februar bis zum 1. März 2020 ermittelt hat.

 

 

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Über mydealz (www.mydealz.de): 

 

mydealz wurde im Jahr 2007 von Fabian Spielberger als Blog gegründet und ist heute mit 50,9 Millionen Kontakten pro Monat die größte Social-Shopping-Plattform. 6,7 Millionen Konsumenten (Unique User) nutzen mydealz jeden Monat, um Angebote einzustellen, zu diskutieren und zu bewerten und so Produkte zu den besten Konditionen am Markt zu finden. Seit 2014 ist mydealz Teil der Pepper.com-Gruppe, die als weltweit größte Shopping-Community neben Deutschland auch in Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Mexiko, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland und Spanien betreibt. Monatliche nutzen 25 Millionen Verbraucher die zwölf Pepper-Plattformen, um sich über aktuelle Angebote auszutauschen und 12.000 Kaufentscheidungen pro Minute zu treffen. 

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