Studie: Die Bahn dreht leicht an der Preisschraube

Berlin, 21. April 2020. Private Reisen sind weiterhin tabu. Daran ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel keinen Zweifel, als sie am 15. April ihre Exit-Strategie für die Corona-Pandemie vorstellte. Für Verbraucher gibt es dennoch einen kleinen Trost: Wer nun Bahn fahren würde, müsste mehr für Fahrkarten zahlen als noch im Januar. Verglichen mit dem Januar und Februar sind die Flexpreise für Bahnfahrten im April und Mai um 3,1 Prozent und die Sparpreise sogar um 34,6 Prozent gestiegen. Dies zeigt eine Analyse des Verbraucherforums mydealz.

 

Sie fährt und fährt und fährt, doch kaum jemand nutzt sie: Die Bahn bietet noch immer 75 bis 80 Prozent ihrer Fahrten an, obwohl in den Zügen nur 10 bis 15 Prozent der Fahrgäste sitzen, wie Bahnchef Richard Lutz Anfang April in einer Telefonkonferenz erklärte. Für sinkende Preise sorgt das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage indes kaum. Im Gegenteil: Bahnfahren ist im April und Mai teurer als noch vor Ausbruch der Corona-Epidemie in Deutschland. Dies zeigt eine Studie des Verbraucherforums mydealz. Für 542 Verbindungen hat mydealz analysiert, wie sich die Preise in der zweiten Klasse ohne Reservierung entwickeln.

 

Nicht auf allen Strecken sind die Preise gestiegen 

 

Bahnfahren kostet werktags im Flextarif nun durchschnittlich 181,22 statt 170,35 Euro und im Spartarif 98,98 statt 64,02 Euro, also 6,4 beziehungsweise sogar 54,6 Prozent mehr als noch im Januar. Die Flexpreise für Hin- und Rückfahrt am Wochenende im Mai sind verglichen mit dem Februar minimal, nämlich um 0,1 Prozent von 176,26 auf 176,07 Euro, gesunken während die Sparpreise um 18,3 Prozent von 78,78 auf 93,21 Euro gestiegen sind. Das zeigt ein Vergleich, für den das Verbraucherforum mydealz die Preise für 542 innerdeutsche Verbindungen im Januar/Februar und April/Mai verglichen hat.

 

Hinter den Durchschnittswerten verbergen sich große Unterschiede. Das zeigen zwei Extrembeispiele für die teils gegenseitige Entwicklung von Flexpreisen: Fahrten zwischen Düsseldorf und Frankfurt sind werktags im April mit 145 Euro nun 35,6 Prozent teurer als im Januar (106,90 Euro). Fahrten zwischen Leipzig und Münster sind im Mai (173,20 Euro) hingegen 19,0 Prozent preiswerter als noch im Februar (213,90 Euro).

 

Auch generell kostet Bahnfahren im April und Mai nicht auf allen Strecken mehr als noch im Januar oder Februar. Deutlich macht das ein Vergleich der Flexpreise. Verglichen mit dem Januar und Februar ist Bahnfahren im April und Mai im Flextarif nur auf 302 der 542 analysierten Verbindungen (55,7 Prozent) teurer geworden. Konstant geblieben sind die Flexpreise für 87 Verbindungen (16,1 Prozent). Gesunken sind die Flexpreise für 153 Verbindungen (28,2 Prozent).

 

Von sinkenden Flexpreisen profitieren Reisende vor allem am Wochenende, wenn sie sechs Wochen im Voraus buchen. Tickets für 104 der 271 Verbindungen (38,4 Prozent) konnten die Tester von mydealz zu Flexpreisen buchen, die günstiger waren als noch im Februar. Wer nur zwei Wochen im Voraus bucht und werktags Bahn fährt, zahlt nun im April hingegen nur für 49 von 271 Fahrten (18,1 Prozent) weniger als im Januar.

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Ist die Bahn weniger freigiebig bei Sparpreis-Tickets?

 

Sparpreise scheinen ein Stellrad zu sein, mit dessen Hilfe die Bahn durch die Krise manövriert. Auch für den April und Mai ließen sich zwar für alle 542 Verbindungen Tickets zum Sparpreis buchen. So günstig wie noch im Januar und Februar sind die Sparpreise aktuell aber nicht. Tatsächlich sind Sparpreis-Tickets für 460 der 542 Verbindungen (84,9 Prozent) heute teurer als noch zu Beginn des Jahres und nur in fünfzig Fällen günstiger. Der Vergleich mit der Entwicklung der Flexpreise legt nahe, dass die Bahn scheinbar gezielt die Verfügbarkeit besonders günstiger Sparpreis-Tickets drosselt: Nur auf 302 der 542 Verbindungen (55,7 Prozent) sind die Flexpreise nämlich zeitgleich gestiegen und auf 153 Verbindungen preiswerter geworden.

 

Wie sehr die Bahn bei ihrer Sparpreispolitik auf Sicht fährt, zeigt ein Vergleich zwischen Sparpreisen für Bahnfahrten, die zwei oder sechs Wochen im Voraus liegen. Je weniger Zeit zwischen Buchung und Fahrtantritt liegt, desto teurer sind die Tickets. 251 von 271 Sparpreis-Tickets (92,6 Prozent) für Bahnfahrten, die zwei Wochen im Voraus liegen, sind heute teurer als noch Anfang des Jahres, und nur zehn Tickets günstiger. Zeitgleich sind die Sparpreise für Fahrten, die sechs Wochen im Voraus liegen, nur in 209 von 271 Fällen (77,1 Prozent) gestiegen und in vierzig Fällen (14,8 Prozent) gesunken. In normalen Zeiten ist das wenig verwunderlich. Je näher die Fahrt rückt, desto stärker ist üblicherweise die Nachfrage und desto höher der Preis. Angesichts der aktuell extrem niedrigen Nachfrage scheint es sich hier aber eher um einen künstlichen Effekt zu handeln.

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Bahnfahren unverändert günstiger als in der Vorweihnachtszeit

 

Die Flex- und Sparpreise für Bahnfahrten bewegen sich insgesamt allerdings auch zurzeit noch auf eher niedrigem Niveau. Das zeigt ein Vergleich mit einer früheren Stichprobe, die das Verbraucherforum mydealz Ende Oktober vorgenommen hat: Bahnfahrten an Werktagen kosteten im November 186,34 Euro im Flexpreis-Tarif und waren damit 2,8 Prozent teurer als jetzt im April. Die Sparpreise für Bahnfahrten an Werktagen sind zeitgleich um 1,9 Prozent gestiegen. Wer im April werktags mit der Bahn fährt, zahlt auf den 542 analysierten Verbindungen im Sparpreis-Tarif 98,98 Euro. 97,11 Euro, also 2,8 Prozent weniger, waren’s im November.

 

Deutlich gesunken sind zeitgleich auch die Preise für Hin- und Rückfahrt am Wochenende. Im Dezember kosteten sie auf den 542 innerdeutschen Verbindungen durchschnittlich 202,38 Euro (Flexpreis) beziehungsweise 123,36 Euro (Sparpreis). Wer jetzt bucht und im Mai auf den gleichen Strecken fährt, zahlt also 13,0 Prozent beziehungsweise sogar 24,4 Prozent weniger als noch in der Vorjahreszeit.

 

Ein Grund für den Preisrückgang ist die zum 1. Januar in Kraft getretene Mehrwertsteuerreform. Auf Fernverkehrstickets erhebt der Staat seit Jahresbeginn nur noch eine Mehrwertsteuer von sieben statt 19 Prozent. Bahnvorstand Roland Pofalla erklärte im Dezember gegenüber der dpa, die Preise für alle Fernverkehrstickets um zehn Prozent senken zu wollen. 

 

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Datenblatt zur Studie

Eine Zusammenfassung sowie alle Rohdaten zur Studie finden Sie hier: https://mdz.me/bahnpreise

 

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Hinweis zur Methodik: 

Die oben dargestellten Ergebnisse sind das Resultat einer Studie, die das Verbraucherforum mydealz im Zeitraum vom 14. bis zum 16. April 2020 durchgeführt hat. Für 542 innerdeutsche Verbindungen hat mydealz die Flex- und Sparpreise für Bahnfahrkarten (2. Klasse, ohne Reservierung) ermittelt, die werktags mit zwei Wochen Vorlauf in der Zeit vom 28. April (Hinfahrt) bis zum 30. April (Rückfahrt) und am Wochenende mit sechs Wochen Vorlauf in der Zeit vom 29. Mai bis zum 31. Mai stattfinden. Verglichen wurden die Preise mit den Preisen, die mydealz bei früheren, gleich strukturierten Stichproben für die Zeiten vom 5. bis zum 7. November 2019 und vom 6. bis zum 8. Dezember 2019 beziehungsweise vom 28. bis zum 30. Januar 2020 und vom 28. Februar bis zum 1. März 2020 ermittelt hat.

 

 

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Über mydealz (www.mydealz.de): 

 

mydealz wurde im Jahr 2007 von Fabian Spielberger als Blog gegründet und ist heute mit 50,9 Millionen Kontakten pro Monat die größte Social-Shopping-Plattform. 6,7 Millionen Konsumenten (Unique User) nutzen mydealz jeden Monat, um Angebote einzustellen, zu diskutieren und zu bewerten und so Produkte zu den besten Konditionen am Markt zu finden. Seit 2014 ist mydealz Teil der Pepper-Gruppe, die als weltweit größte Shopping-Community neben Deutschland auch in Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Mexiko, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland und Spanien aktiv ist. Monatlich nutzen 25 Millionen Verbraucher die zwölf Pepper-Plattformen, um sich über aktuelle Angebote auszutauschen und 12.000 Kaufentscheidungen pro Minute zu treffen.

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