Neue Flugpreisstudie: Markteintritt von Easyjet lässt Flugpreise unter Oktoberniveau sinken

Berlin, 5. Januar 2018. Pleite und Aus von Airberlin, Übernahmepoker um Deutschlands einst zweitgrößte Airline und ein Veto aus Brüssel, das zur Insolvenz des Ferienfliegers Niki und schließlich auch zu dessen Übernahme durch die British Airways-Mutter IAG führte – der Flugmarkt wurde Ende 2017 kräftig durchgerüttelt. Das wirkte sich auch auf die Ticketpreise aus: Wer im November 2017 innerdeutsch fliegen wollte, zahlte werktags 26,1 Prozent und am Wochenende sogar 38,9 Prozent mehr als noch im Oktober. Wie viel Flugreisende im Januar berappen müssen, hat das Verbraucherforum mydealz.de nun in einer zweiten Studie ermittelt. Ihr Ergebnis fällt überraschend positiv aus: Einzig innerdeutsche Flüge an Werktagen haben sich gegenüber dem Oktober leicht verteuert. Kurzstreckenflüge am Wochenende und Mittelstreckenflüge sind im Januar indes preiswerter als noch im Oktober. Ein Grund kann im Marktstart von Easyjet gesehen werden, denn die Billigairline greift mit Tiefpreisen nach Marktanteilen.

 

235 Millionen Reisende stiegen 2017 an deutschen Flughäfen ein und aus. Für 2018 rechnet der Flughafenverband ADV mit einem weiteren Wachstum von 4,2 Prozent.* Die dann 244,9 Millionen Passagiere sollen im neuen Jahr aber tiefer in die Tasche greifen. Dies fordert zumindest Lufthansa-Chef Carsten Spohr: „Wenn die Taxifahrt zum Flughafen mehr kostet als der Flug selbst, ist Fliegen zu billig“, mokierte sich Spohr kurz vor Weihnachten.** Das von der dpa verbreitete Statement sorgte für Stirnrunzeln bei Passagierverbänden und Kartellwächtern: Kartellamts-Chef Andreas Mundt erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, er kenne "mannigfaltig Fälle, bei denen die Preise explodiert“ seien.*** Und Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband, forderte in der „Zeit“, dass „notfalls Konsequenzen gezogen und auch Preise zurückerstattet werden“ müssten.****

 

Vor allem Geschäftsreisende müssen nun tiefer in die Tasche greifen

Angesichts der hitzigen Debatte um das vermeintliche Monopol der Lufthansa und gestiegene Preise, überrascht der Blick auf die Preise, zu denen Reisende im Januar fliegen können: Die meisten Mittelstreckenflüge und auch vier von zehn innerdeutschen Flügen sind in diesen Tagen nicht etwa teurer, sondern günstiger als vor der Airberlin-Pleite. Zwar sind Fälle wie die Verbindung zwischen Stuttgart und Berlin selten, auf der Hin- und Rückflug am Wochenende nun 75 Euro statt vorher 126 Euro kosten. Insgesamt weist die von mydealz.de erhobene Stichprobe aber auf einen klaren Trend hin: Im Vergleich zum Oktober sind die Preise auf 33 der fünfzig beispielhaft herangezogenen Mittelstreckenverbindungen gesunken. Und von den fünfzig untersuchten Kurzstrecken sind im Januar immerhin 22 preiswerter als noch im Oktober. Noch deutlicher fällt der Vergleich zum November aus: Verglichen mit dem ersten Monat, in dem Airberlin nicht mehr aktiv war, sind die Preise heute auf 36 von fünfzig Kurzstrecken- und immerhin noch auf 27 von fünfzig Mittelstreckenflügen niedriger als noch im November.

 

Ob und wie viel Reisende sparen können, hängt aber gleich von mehreren Faktoren ab. Reisende, die vom Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden nach Berlin fliegen möchten, trifft es besonders hart: Airberlin war die vorerst letzte Airline, die Direktflüge von Karlsruhe in die deutsche Hauptstadt angeboten hat. Wer nun halbwegs schnell von Karlsruhe/Baden-Baden nach Berlin reisen möchte, ist auf die Bahn, den Bus oder ein Auto angewiesen. Flüge konnten die Tester einzig mit Zwischenstopps in Thessaloniki, Malaga oder Palma de Mallorca buchen. Reisedauer, je nach Aufenthalt: zwischen sechs und 27 Stunden.

 

Geschäftsreisende müssen im Januar für viele Flüge tiefer in die Tasche greifen. Zwar sind innerdeutsche Flüge an Werktagen im Januar im Mittel 18,5 Prozent (24,98 Euro) günstiger als noch im November. Verglichen mit dem Oktober müssen Reisende für den gleichen Flug aber durchschnittlich 2,8 Prozent (3,02 Prozent) mehr zahlen. Das mag marginal klingen, bedeutet im Extremfall aber, dass sich die Flugpreise auf manchen Strecken sogar verdreifacht haben: Wer im Oktober dienstags von Stuttgart nach Düsseldorf und donnerstags zurückflog, zahlte nur 102 Euro. Jetzt im Januar werden für den gleichen Flug hingegen 320 Euro fällig.

 

Ähnliche Preismuster lassen sich auch auf anderen Strecken beobachten. Um 79,3 Prozent (65 Euro) sind beispielsweise die Preise für Flüge auf der Strecke Hamburg-München gestiegen: Sie waren im Oktober noch für 82 Euro zu haben und schlagen nun mit 147 Euro zu Buche. Flüge zwischen Stuttgart und Düsseldorf (218 statt 102 Euro) sind heute doppelt so teuer und für Hin- und Rückflug zwischen Hamburg und München hätten die Tester mit 147 Euro schlappe 79,3 Prozent (65 Euro) mehr ausgeben müssen als noch im Oktober. Flüge auf den Strecken Köln-München (80 statt 250 Euro) und Düsseldorf-München (50 statt 170 Euro) sind nun hingegen deutlich günstiger als noch im Oktober.

 

Flüge am Wochenende und zu Ferienzielen sind im Januar preiswerter

Auf ähnlich große Unterschiede stießen die Tester von mydealz.de auch bei Flügen der Mittelstrecke und bei Kurzstreckenflügen am Wochenende. In der Spitze verdreifachten sich die Preise, im Bestfall sanken sie um 87,0 Prozent. Wer im Januar werktags von Düsseldorf nach Mallorca fliegt, zahlt statt 80 Euro wie noch im Oktober nun 240 Euro. Wer Mallorca im Januar von Hamburg aus ansteuert, zahlt 30 statt 231 Euro.

 

Diese Beispiele machen die Bandbreite deutlich, innerhalb der sich die Flugpreise bewegen. Allgemeingültige Urteile lassen sich so kaum bilden. Durchschnittswerte helfen aber dabei, gewisse Trends zu erkennen. Und diese Trends sind für Reisende auf der Mittelstrecke und Reisende, die am Wochenende innerdeutsch fliegen, durchaus vielversprechend: Sie müssen im Januar meistens weniger für Flüge bezahlen als noch im November oder Oktober.

 

Hin- und Rückflug innerhalb Deutschlands kosten an einem der vier Januarwochenenden im Mittel nur 117,29 Euro – 29,0 Prozent (47,97 Euro) weniger als im November und auch immerhin noch 1,44 Prozent (1,71 Euro) weniger als im Oktober. Je nach Verbindung können Reisende im Vergleich zum Oktober allerdings entweder wie auf der Strecke Stuttgart-Hamburg 65,6 Prozent (210 Euro) sparen oder müssen in Einzelfällen das Doppelte für den gleichen Flug ausgeben. Wer im Oktober mit Airberlin freitags von Düsseldorf nach Stuttgart und sonntags zurückflog, zahlte nur 102 Euro. Der Bestpreis für den Januar betrug beim Test hingegen 234 Euro. Insgesamt aber sind 11 von 25 Kurzstreckenflüge im Januar günstiger als noch im Oktober. Im Vergleich zum November können Kurzstreckenreisende sogar bei 18 von 25 Verbindungen sparen.

 

Auch zu Zielen der Mittelstrecke wie Ibiza, Korfu, Kos, Mallorca oder Malta können Reisende im Januar günstiger fliegen als noch im Oktober oder November. Bei Flügen unter der Woche beträgt die durchschnittliche Ersparnis gegenüber dem Oktober 15,5 Prozent (30,19 Euro), bei Flügen am Wochenende sogar 31,9 Prozent (85,55 Euro). Noch größer fällt der Preisunterschied im direkten Vergleich mit den Novemberpreisen aus. Wer im November werktags auf der Mittelstrecke unterwegs war, zahlte für Hin- und Rückflug im Schnitt 202,76 Euro – 19 Prozent (38,52 Euro) mehr als jetzt im Januar.

 

Mittelstreckenflüge am Wochenende waren im November indes durchschnittlich 18,4 Prozent (28,40 Euro) günstiger. Erklären lässt sich dies mit der saisonal bedingt großen Nachfrage nach Flügen zu sonnigen Ferienzielen wie den Kanaren. Weihnachten wollten viele Reisende scheinbar noch in unseren Breitengraden verbringen. Zum „Überwintern“ steigen sie nun aber in den Flieger Richtung Süden. Die Preise für Flüge zwischen Berlin und Teneriffa (360 statt 204 Euro), Wien und Gran Canaria (420 statt 228 Euro) Köln und Gran Canaria (280 statt 130 Euro), Düsseldorf und Alicante (180 statt 78 Euro) sowie München und Kos (426 statt 182 Euro) sind so beispielsweise im Januar deutlich höher als noch im November. Die Folgen der einerseits saisonal bedingt gestiegenen Nachfrage und des andererseits durch die Niki-Insolvenz verknappten Angebots lassen sich an diesen Beispielen besonders gut ablesen.

 

Easyjet drängt mit Billigpreisen auf den deutschen Markt und sorgt teilweise für Preiserholung

Ein Grund, weshalb Flüge zu den Kanaren teurer, Flüge nach Mallorca aber gleichzeitig günstiger werden, kann im schwachen Wettbewerb gesehen werden: Mit Easyjet steuert der zukünftig vielleicht ärgste Rivale von Eurowings zwar Mallorca, nicht aber Gran Canaria direkt von deutschen Flughäfen aus an. Auf Strecken, die beide Airlines bedienen, setzt Easyjet Eurowings aber durchaus durch niedrige Preise unter Druck: Die Briten verkaufen ihre Tickets mitunter zu Preisen, die selbst unter denen liegen, zu denen Airberlin in seinem letzten, krisenbedingt nachfrageschwachen Monat unterwegs war.

 

Im Januar können Reisende so beispielsweise werktags mit Easyjet für 87,67 Euro zwischen Berlin-Tegel und Frankfurt pendeln. Airberlin berechnete im Oktober 92 Euro. Der günstigste Preis für Hin- und Rückflug mit Lufthansa beträgt im Januar, dem Test zufolge, 143 Euro. Ähnlich sieht es am Wochenende auf der Strecke Berlin-Stuttgart aus. Wer im Januar freitags hin und sonntags zurückfliegt, zahlt bei Easyjet 73,33 Euro und bei Germanwings satte 148 Euro während Airberlin im Oktober noch 82 Euro berechnete. Und auch auf den Strecken Frankfurt-Berlin, Berlin-München, München-Berlin, Berlin-Stuttgart, Stuttgart-Berlin und Berlin-Mallorca ruft Easyjet für Hin- und Rückflug im Januar deutlich niedrigere Preise auf als Lufthansa beziehungsweise ihre „Billigtochter“ Germanwings/Eurowings. Im Schnitt ist Easyjet werktags 34,2 Prozent (59,20 Euro) und am Wochenende 34,4 Prozent (64,64 Euro) günstiger als Germanwings/Eurowings. Im Vergleich mit den Oktoberpreisen von Airberlin ist Easyjet werktags im Mittel 4,2 Prozent (2,60 Euro) günstiger und am Wochenende sogar 11,7 Prozent (19,34 Euro) preiswerter.

 

Der Markteintritt von Easyjet und der mit ihm wieder erstarkende Wettbewerb erweisen sich so als Glücksfall für Reisende, die möglichst günstig von A nach B kommen möchten. Von einer Rückkehr des „Billigflug-Zeitalters“ kann aber noch nicht gesprochen werden. Hierfür ist Easyjet schlicht noch auf zu wenigen der vormals von Airberlin bedienten Strecken unterwegs. Wirklicher Wettbewerb zwischen Easyjet und Eurowings/Germanwings beziehungsweise ihrer Mutter Lufthansa besteht aktuell nur auf 12 von 25 Kurzstrecken und auf gerade einmal zwei von 25 Mittelstrecken. Auf 8 Kurz- und fünf Mittelstrecken ist Eurowings hingegen noch alleine unterwegs. Von den früheren Airberlin-Verbindungen hat die Lufthansa vier Kurzstrecken und keine Mittelstrecke, Easyjet bislang nur zwei Kurz- und fünf Mittelstrecken exklusiv im Angebot. Verbreitern die Briten ihr Angebot, kann auch flächendeckend mit sinkenden Preisen gerechnet werden.

 

Weiterführende Informationen:

Medienmitteilung im pdf-Format, inkl. Statistik-Teil: https://mdz.me/flugpreisvergleich

* ADV, „Deutsche Flughäfen blicken optimistisch ins neue Jahr“: http://www.adv.aero/deutsche-flughaefen-blicken-optimistisch-ins-neue-jahr-adv-verkehrsprognose-fuer-2018-mehr-passagiere-mehr-fracht-und-mehr-flugbewegungen-erwartet/

 

** Münchener Merkur, „Monopolvorwürfe? So reagiert Lufthansa-Chef Spohr“: https://www.merkur.de/wirtschaft/lufthansa-chef-spohr-nennt-monopolvorwuerfe-absurd-zr-9475989.html

 

*** Süddeutsche Zeitung, „Bundeskartellamt rügt Lufthansa“: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nach-air-berlin-pleite-bundeskartellamt-ruegt-lufthansa-1.3806188

 

**** Zeit Online, „Kunden beschweren sich über hohe Flugpreise“: http://www.zeit.de/mobilitaet/2017-12/verbraucherzentrale-bundesverband-flugpreise-steigerung-airberlin-lufthansa

 

Hinweise zur Studien-Methodik

Die Flugpreise wurden am 20. und 21. September, 1. und 2. November beziehungsweise 19. und 20. Dezember 2017 mithilfe der Flugpreissuchmaschine Skyscanner für jeweils 50 Kurz- und Mittelstreckenverbindungen ermittelt, die Airberlin direkt oder ihre Tochter Nikki im Sommerflugplan bedient hat. Die Tester haben jeweils die Preise für den Hin- und Rückflug am Wochenende und am Dienstag ermittelt. Verglichen wurden für die Kurzstrecke der Zeitraum vom 6. bis zum 8. Oktober mit dem vom 24. bis zum 26. November 2017 und dem vom 12. bis zum 14. Januar 2018 und der Zeitraum vom 10. bis zum 12. Oktober mit dem vom 28. bis zum 30. November 2017 sowie dem vom 9. bis zum 11. Januar 2018. Für die Mittelstrecke haben die Tester den Zeitraum vom 7. bis zum 21. Oktober mit dem vom 18. November bis zum 2. Dezember sowie dem vom 13. bis zum 27. Januar und den Zeitraum vom 10. bis zum 24. Oktober mit dem vom 21. November bis zum 5. Dezember 2017 und vom 16. bis zum 30. Januar 2018 miteinander vergleichen. Berücksichtigung fanden hierbei bestmöglich Direktflüge und der jeweils niedrigste Preis („Bestpreis“) einer Airline für den jeweiligen Zeitraum.

 

Über mydealz:

mydealz (https://www.mydealz.de) wurde im April 2007 von Fabian Spielberger als Blog gegründet und ist heute mit 22,5 Millionen Visits pro Monat das größte deutsche Social-Commerce-Netzwerk. Rund 700.000 registrierte Smart-Shopper nutzen mydealz, um Angebote einzustellen, zu diskutieren und zu bewerten und so Produkte zu den besten Konditionen am Markt zu finden. Seit 2014 ist mydealz Teil der Pepper.com-Gruppe, die als weltweit größte Shopping-Community 25 Millionen Verbraucher pro Monat erreicht und 12.000 Kaufentscheidungen pro Minuten beeinflusst. Zu Pepper.com zählen neben mydealz die Plattformen Buenosdeals (USA), CholloMetro (Spanien), Dealabs (Frankreich), DesiDime (Indien), HotUKDeals (Großbritannien), NL.Pepper.com (Niederlande), Pelando.com.br (Brasilien), Pelando.sg (Singapur), Pepper.co.kr (Süd-Korea), Pepper.pl (Polen), Preisjäger (Österreich) und Promodescuentos (Mexiko).

Receive mydealz news on your RSS reader.

Or subscribe through Atom URL manually